Lingen – Bei der diesjährigen Festakademie im Ludwig-Windthorst-Haus (LWH) sprach Prof. Dr. Thomas Schüller, Direktor des Instituts für kanonisches Recht an der Universität Münster, über die „Zukunft der Kirche – Von einer Volkskirche zur Kirche des Volkes“. Seine Bestandsaufnahme war ernüchternd: Immer weniger Christen seien in der Lage, Rechenschaft über ihren Glauben abzulegen.
Evangelisierung beginnt bei uns selbst:
Schüller betonte, dass die Evangelisierung bei den Gläubigen selbst beginnen müsse. Es gehe darum, im Glauben wieder sprachfähig zu werden. „Evangelisierung ist kein Hallelujachristentum, sondern zuerst und entschieden das an der Seite derer Stehen, die unter die Räder der Geschichte gekommen sind“, so Schüller. Er erinnerte an die „erste Christenpflicht“, sich um missbrauchte Kinder, Jugendliche und Frauen, Flüchtlinge, Obdachlose und Bürgergeldempfänger zu kümmern.
Synodalität als Weg zur Kirche des Volkes:
Für Schüller ist die Synodalität ein wichtiger Schritt hin zu einer Kirche des Volkes. Er definierte sie als „Kirche des gemeinsamen Weges, auf dem alle in gleicher Weise den Glauben bekunden, bezeugen und an wesentlichen Entscheidungen mitwirken“. Allerdings sei man noch auf das Entgegenkommen von Papst und Bischöfen angewiesen, da die Vorschläge der letzten Bischofssynode noch nicht rechtlich umgesetzt seien.
Gleichberechtigung der Frau in der Kirche:
Schüller äußerte sich skeptisch bezüglich der Gleichberechtigung von Frauen in der Kirche. Er kritisierte die theologische Begründung, die Männer in die Tradition Petrus und Frauen in die Tradition Marias stellt, als „für viele meiner weiblichen Studierenden nicht auszuhalten“. Er betonte jedoch, dass die Überlebensfähigkeit der Kirche davon abhänge, dass „Frauen und Männer als Zeuginnen und Zeugen des Glaubens auskunftsfähig sind und bei entsprechender Berufung ehren- und hauptamtlich Zugang zu allen dienenden Ämtern haben“.
Kirchlicher Heimatverlust und Gemeinschaft:
Mit Blick auf die Situation der katholischen Kirche in Deutschland analysierte Schüller einen kirchlichen Heimatverlust der Gläubigen. Er forderte auf, den Glauben wieder stärker erfahrbar zu machen und Orte für kirchliche Gemeinschaft zu schaffen, insbesondere im ländlichen Raum.
Kirche als Stimme in der Gesellschaft:
LWH-Direktor Marcel Speker betonte, dass es eine wesentliche Aufgabe der Kirchen sei, sich aktiv in die politische und gesellschaftliche Diskussion einzubringen. Bischof Dominicus schlug in seiner Predigt die Brücke zu Ludwig Windthorst und forderte die Gläubigen auf, sich im Spannungsfeld von Politik und Religion zu positionieren und für christlich motivierte Maßstäbe einzutreten.