Berlin – Mit der Einigung von Union und SPD auf einen Koalitionsvertrag ist ein wichtiger Schritt für die Regierungsbildung getan. Die deutsche Wirtschaft bewertet die Vereinbarung als grundsätzlich positiv, mahnt jedoch Nachbesserungen bei zentralen Standortfaktoren an. Im Fokus stehen dabei steuerliche Entlastungen, Energiekosten, Bürokratieabbau sowie der Umgang mit Digitalisierung und internationalem Handel.
Industrie im Fokus – mit Einschränkungen
Positiv wird das klare Bekenntnis zur Industrienation Deutschland und insbesondere zur Automobilwirtschaft aufgenommen. Maßnahmen wie die Verlängerung der Kfz-Steuerbefreiung für E-Autos bis 2035, steuerliche Sonderabschreibungen und die Anhebung des Bruttolistenpreisdeckels bei der Dienstwagenbesteuerung werden als wichtige Signale für den Mobilitätssektor gewertet. Auch die geplante Senkung der Stromsteuer auf das EU-Mindestmaß und Investitionen in Lade- und Wasserstoffinfrastruktur sind zentrale Schritte für eine zukunftsfähige Energie- und Verkehrswende.
Digitalisierung, Bürokratieabbau und Datennutzung
Der geplante Ausbau der digitalen Verwaltung und die Einrichtung eines eigenständigen Digitalministeriums stoßen auf Zustimmung. Ebenso das Vorhaben, bei der Nutzung von Daten eine wirtschaftsfreundliche Balance zum Datenschutz zu finden. Entscheidend wird sein, dass die angestrebten Maßnahmen nun zügig und wirksam umgesetzt werden.
Unternehmenssteuern: Signal mit Verzögerung
Der Einstieg in eine Unternehmenssteuerreform ist zwar angekündigt, greift mit dem Startzeitpunkt 2028 jedoch zu spät. Auch die Beibehaltung des Solidaritätszuschlags stößt auf Kritik. Der sogenannte Investitions-Booster kann hingegen kurzfristige Anreize setzen – vor allem, wenn auch Personengesellschaften davon profitieren.
Außenwirtschaft und Freihandel als Hebel
Mit Blick auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit setzt die Koalition auf eine pragmatische Handelspolitik. Die geplante Ratifizierung bestehender EU-Abkommen sowie die Absicht, ein Freihandelsabkommen mit den USA anzustoßen, sind aus Sicht der exportorientierten Wirtschaft richtige und notwendige Schritte. Gleichzeitig wird betont, dass die Beziehungen zu China mit Umsicht gestaltet werden müssen.
Fazit: Mutiger Anfang, aber keine Trendwende
Zwar setzt der Koalitionsvertrag einige wichtige Impulse, bleibt jedoch in vielen Punkten vage oder zu zögerlich. Eine klare Absage an Steuererhöhungen und der Ausbau wirtschaftlicher Anreize sind zu begrüßen, reichen aber allein nicht aus. Entscheidend ist nun die konkrete Umsetzung – gerade in Zeiten geopolitischer Unsicherheiten und wachsender wirtschaftlicher Herausforderungen.
Weiterführende Informationen zur Bewertung wirtschaftlicher Rahmenbedingungen bietet auch das Institut der deutschen Wirtschaft (IW).