Berlin – Der aktuelle Bericht der europäischen Übertragungsnetzbetreiber (ENTSO-E) zum Bidding Zone Review bringt neue Brisanz in die Diskussion um die deutsche Strompreiszone. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) und der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) appellieren eindringlich an die Bundesregierung, sich weiterhin konsequent für eine einheitliche Stromgebotszone einzusetzen.
Risiken einer Marktaufteilung überwiegen
VDA-Präsidentin Hildegard Müller und BDEW-Hauptgeschäftsführerin Kerstin Andreae warnen, dass eine Aufteilung des Strommarkts in mehrere Preiszonen kaum ökonomische Vorteile bringen würde. Stattdessen drohten massive Unsicherheiten für die Industrie, steigende Stromkosten für Unternehmen in den südlichen und westlichen Industrieregionen sowie ein geschwächtes Investitionsklima für erneuerbare Energien.
Besonders kritisch: Ein niedrigerer Strompreis im Norden könnte die Wirtschaftlichkeit neuer Projekte im Bereich Erneuerbare gefährden, da weniger Erlöse erzielt würden. Damit würde der dringend benötigte Ausbau der grünen Energiequellen stärker von staatlichen Fördergeldern abhängig – zulasten des EEG-Kontos und des Bundeshaushalts.
Investitionssicherheit muss Vorrang haben
Die Umsetzung einer Gebotszonenteilung wäre ein hochkomplexer Prozess, der sich über Jahre hinziehen könnte und in dieser Zeit für erhebliche Planungsunsicherheit bei Industrie und Energieerzeugern sorgen würde. Dies gefährdet wichtige Investitionen, die für die Transformation zur Klimaneutralität entscheidend sind.
Deutschland profitiert derzeit von einem der größten und liquidesten Stromterminmärkte weltweit – ermöglicht durch die einheitliche Gebotszone. Eine Zerschlagung dieses Marktes würde nicht nur die Transaktionskosten erhöhen, sondern auch die von der EU-Kommission angestrebte Stärkung langfristiger Strommärkte untergraben.
Fokus auf Netzausbau und Digitalisierung
Statt einer marktspaltenden Lösung fordern VDA und BDEW eine politische Konzentration auf den beschleunigten Ausbau und die Modernisierung der Stromnetze. Nur so könnten die derzeit bestehenden Netzengpässe behoben und teure Eingriffe zur Netzstabilisierung (Redispatch) künftig reduziert werden.