Grafschaft Bentheim/Emsland. „Schlechte Kindheit? Kein Freifahrtschein für respektloses Verhalten.“ Dieser Satz taucht immer wieder in den sozialen Medien auf – als Statement, als Aufruf, manchmal auch als Mahnung. Und er trifft einen wunden Punkt: Was tun wir mit dem, was uns geprägt hat?
Verletzungen erklären – aber nicht entschuldigen
Kindheit hinterlässt Spuren. Wer in einem Umfeld aufgewachsen ist, das von Streit, Unsicherheit, Lieblosigkeit oder gar Gewalt geprägt war, trägt diese Erfahrungen oft lange mit sich herum. Und ja: Diese Vergangenheit erklärt vieles – das Misstrauen, die Wut, die Unsicherheit im Umgang mit anderen. Aber sie entschuldigt nicht alles.
Respektlosigkeit, Aggression oder Rücksichtslosigkeit im Alltag lassen sich nicht dauerhaft mit dem eigenen Schmerz rechtfertigen. Denn jeder Mensch – auch der mit Narben – trägt Verantwortung für das, was er heute tut.
Verantwortung übernehmen – statt im Opfermodus zu verharren
Stärke bedeutet nicht, alles alleine zu schaffen. Aber sie zeigt sich darin, Verantwortung für das eigene Verhalten zu übernehmen. Wer bewusst seine Muster hinterfragt, wer den Mut aufbringt, aus der eigenen Geschichte auszubrechen, der verändert nicht nur sich selbst – sondern auch das Umfeld. Vielleicht sogar die nächste Generation.
„Werde die Person, die du gebraucht hättest.“ Dieser Satz ist mehr als ein schöner Gedanke. Er ist ein Ziel, eine Entscheidung. Für Eltern, die selbst wenig Fürsorge erlebt haben – und trotzdem liebevoll mit ihren Kindern umgehen. Für junge Menschen, die aus prekären Verhältnissen kommen – und sich dennoch für Respekt, Bildung und Miteinander entscheiden.
Gesellschaftlich hinschauen – und persönlich weitergehen
Es braucht beides: eine Gesellschaft, die Traumata anerkennt und Hilfe anbietet – und Menschen, die nicht in der Opferrolle verharren, sondern sich auf den Weg machen. Veränderung ist möglich. Auch in kleinen Schritten. Auch hier bei uns.