Köln. Eine aktuelle Veröffentlichung an der CBS International Business School plädiert für eine Neuausrichtung der globalen Handelspolitik: weg von reiner Gewinnmaximierung, hin zu einem gemeinwohlorientierten Ansatz. Das Konzept des „Ethischen Welthandels“, vorgestellt von Christian Felber, Brigitta Herrmann und Jürgen Knirsch, schlägt einen dritten Weg zwischen schrankenlosem Freihandel und nationalem Protektionismus vor.
Das Working Paper mit dem Titel „Ein neues Paradigma für die globale Handelsstrategie der EU“ ist an der CBS University of Applied Sciences in Köln erschienen. Die Autorinnen und Autoren fordern darin, dass sich internationale Handelsverträge künftig an Kriterien wie Menschenrechten, ökologischer Nachhaltigkeit und sozialer Gerechtigkeit orientieren. „Handel darf kein Selbstzweck sein, sondern muss den Menschen dienen, den Planeten schützen und Frieden fördern“, sagt Mitautor Christian Felber, der auch als Begründer der Gemeinwohl-Ökonomie bekannt ist.
Gemeinwohlorientierte Alternative zum bisherigen Welthandel
Das bestehende Freihandelssystem sei laut Felber und seinen Mitstreitern zu stark auf wirtschaftliche Interessen großer Konzerne fokussiert. Es vernachlässige zentrale Werte wie demokratische Mitsprache, ökologische Grenzen und globale Gerechtigkeit. Gleichzeitig sei der Trend zum Protektionismus, etwa durch Zölle und Subventionen, ebenfalls problematisch, da er internationale Zusammenarbeit erschwere.
Als Alternative schlagen die Autorinnen und Autoren eine „Ethical Trade Zone“ vor – ein multilaterales Handelssystem unter dem Dach der Vereinten Nationen. In dieser Zone würden verbindliche ethische Standards wie der Schutz von Biodiversität, faire Steuerpraktiken und kulturelle Vielfalt gelten. Die wirtschaftliche Leistung eines Landes würde nicht länger über das Bruttoinlandsprodukt (BIP), sondern über ein „Gemeinwohl-Produkt“ (GWP) gemessen.
Beteiligung, Transparenz und neue Institutionen
Ein zentrales Element des vorgeschlagenen Modells ist die demokratische Beteiligung. Bürgerinnen und Bürger sollen in die Entwicklung und Überwachung von Handelsabkommen aktiv eingebunden werden. Geplant sind außerdem neue internationale Institutionen wie ein Menschenrechts-Gerichtshof auf UN-Ebene, eine globale Steuerbehörde oder eine Clearing Union nach dem Modell von John Maynard Keynes.
Diese Strukturen sollen einen gerechten Ausgleich zwischen Entwicklungs-, Schwellen- und Industrieländern ermöglichen. Sie fördern zudem technologischen Austausch und die Entstehung nachhaltiger Wirtschaftskreisläufe.
Aufruf zur politischen Debatte über globale Spielregeln
Die Autorinnen und Autoren sprechen sich dafür aus, die Grundlagen internationaler Handelspolitik im Einklang mit den Zielen der UNO neu zu definieren. Dabei gehe es nicht nur um wirtschaftliche Effizienz, sondern um globale Verantwortung. „Mit dem Ethischen Welthandel bieten wir einen dritten Weg zwischen Freihandel und Protektionismus – einen Weg, der Wohlstand, Gerechtigkeit und ökologische Verantwortung verbindet“, betont Felber.
Die CBS-Veröffentlichung richtet sich explizit an politische Entscheidungsträgerinnen und -träger in der EU. Sie soll eine Debatte darüber anstoßen, wie Handelsbeziehungen in Zukunft fairer und nachhaltiger gestaltet werden können.
Quelle: Martschin & Partner im Auftrag der CBS International Business School. Foto: Robert Gortana