Osnabrück. Die Suizidgefahr im Alter ist höher als oft angenommen – besonders Männer ab 75 Jahren sind stark gefährdet. Eine Forscherin der Universität Osnabrück entwickelt gemeinsam mit einem US-Team neue Wege, um Warnzeichen frühzeitig zu erkennen und besser auf sie reagieren zu können. Ziel ist ein digitales Modell, das gefährdete Personen in Echtzeit identifiziert und Therapieansätze gezielter gestaltet.
Dr. Miriam Hehlmann vom Institut für Psychologie der Uni Osnabrück arbeitet dazu mit Dr. Nili Solomonov vom Weill Cornell Medical College in New York zusammen. Grundlage der Forschung ist das sogenannte Ecological Momentary Assessment (EMA) – eine Methode, bei der Verhaltens- und Stimmungsdaten im Alltag über digitale Geräte erfasst werden.
Innovative Technik soll Warnzeichen sichtbar machen
Im Mittelpunkt des Projekts steht ein smarter Ring, der Schlaf- und Aktivitätsdaten der Teilnehmenden misst. Die Forschenden untersuchen, ob sich daraus Muster ableiten lassen, die auf beginnende Depressionen oder Suizidgedanken hinweisen. „Unser Ziel ist es, Therapieerfolge vorherzusagen und zu verbessern“, erklärt Dr. Hehlmann. Aktuell profitiere nur etwa zwei Drittel der Betroffenen von einer Psychotherapie.
Die Studie, gefördert von der Society for Psychotherapy Research, soll helfen, psychische Krisen besser zu verstehen. Dabei geht es nicht nur um individuelle Faktoren, sondern auch um soziale Aspekte wie Vereinsamung oder Lebensumstände. Besonders bei Männern zeigt sich laut Hehlmann ein erhöhtes Risiko, etwa nach dem Tod der Partnerin. „Oft sind es die Frauen, die soziale Kontakte pflegen. Wenn das wegfällt, fehlt vielen Männern der Rückhalt“, so die Wissenschaftlerin.
Gesellschaftliches Tabu: Suizidgefahr bei Senioren
Neben dem Geschlecht spielen auch ökonomische und regionale Faktoren eine Rolle. In strukturschwachen Regionen mit geringem Einkommen und weniger sozialen Netzwerken sei das Risiko höher. Mit dem Forschungsprojekt möchte die Universität Osnabrück dazu beitragen, das gesellschaftliche Tabu um Suizid im Alter zu brechen und langfristig präventive Hilfsangebote zu stärken.
Weitere Informationen zur Studie und Kontaktmöglichkeiten bietet die Universität Osnabrück auf ihrer Website.
Quelle: Universität Osnabrück