Oldenburg. Ab dem 1. Januar 2026 startet an den Amtsgerichten Oldenburg und Hannover ein bundesweit einzigartiges Modellprojekt: Erstmals wird psychosoziale Prozessbegleitung auch in zivilrechtlichen Gewaltschutzverfahren eingesetzt. Das niedersächsische Justizministerium will mit dem Pilotprojekt eine Schutzlücke für Betroffene von häuslicher Gewalt, Stalking oder sexualisierter Gewalt schließen und ihre Teilhabe am gerichtlichen Verfahren verbessern.
Speziell qualifizierte Fachkräfte begleiten die Betroffenen vor, während und nach der Anhörung. Sie helfen, Abläufe und Rollen im Verfahren zu verstehen, bieten emotionale Unterstützung und fördern die Selbstbestimmung. Ziel ist es, sekundäre Viktimisierung zu vermeiden und das Vertrauen in die Justiz zu stärken. Bislang ist psychosoziale Prozessbegleitung nur im Strafverfahren vorgesehen.
Modellprojekt stärkt Betroffene
„Ein gerichtliches Verfahren kann für Menschen, die Gewalt erfahren haben, eine enorme emotionale Belastung sein. Angst, Scham und Unsicherheit dürfen aber nicht dazu führen, dass Betroffene auf ihren Schutz verzichten“, betont Justizministerin Dr. Kathrin Wahlmann. Die neue Form der Prozessbegleitung sei ein aktiver Beitrag zur Resilienzstärkung und könne die Erfahrung des Gerichtsverfahrens grundlegend verbessern.
In der Praxis bedeutet das: Begleiterinnen und Begleiter stehen Betroffenen zur Seite, begleiten sie zu Gerichtsterminen und arbeiten eng mit Opferschutzeinrichtungen zusammen. Auch Hilfeplanung und Netzwerkarbeit gehören dazu, um frühzeitig weitere Unterstützungsangebote anzubinden.
Pilotphase mit bundesweiter Signalwirkung
Das Projekt läuft zunächst bis Ende 2026 und wird im Justizministerium durch eine eigene Projektgruppe begleitet und evaluiert. Ziel ist es, anhand der Ergebnisse eine Entscheidung über eine mögliche landesweite Ausweitung sowie eine bundespolitische Initiative zu treffen.
„Der Schutz von Betroffenen beginnt bereits damit, dass Menschen den Mut finden, den Schutz überhaupt einzufordern“, so Ministerin Wahlmann. Das Projekt solle den Zugang zur Justiz erleichtern und einen vertrauensvollen Umgang fördern.
Weitere Informationen werden mit dem Projektstart unter mj.niedersachsen.de bereitgestellt.