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Elektrosensibilität und Energiewende – Einblicke aus der Region

Wietmarschen – Thomas Warmbold engagiert sich mit dem Verein gesund verNETZt e.V. für Menschen, die auf elektrische oder elektromagnetische Felder reagieren – sogenannte Elektrosensible. Im Gespräch mit regionalupdate.de spricht er über seine persönliche Betroffenheit, über aktuelle Forschung zur Wahrnehmung
elektromagnetische Felder und erklärt, warum die Gesellschaft das Thema nicht länger ignorieren sollte.

Thomas Warmbolds Engagement ist aus einer persönlichen Erfahrung heraus entstanden. „Ich war einmal in unmittelbarer Nähe einer Mobilfunk-Sendeanlage. Seit diesem Tag reagiert mein Körper sensibel auf elektromagnetische Felder“, berichtet er. Diese Erfahrung war für ihn der Anstoß, sich intensiv mit dem Thema auseinanderzusetzen und anderen Betroffenen zu helfen.

Im aktuellen Newsletter seines Vereins nimmt Warmbold Bezug auf eine neue Studie der RWTH Aachen. Dort wird am Forschungszentrum für elektromagnetische Unverträglichkeit untersucht, wie Menschen elektrische Felder im Umfeld von Hochspannungsleitungen wahrnehmen. Hintergrund ist der Ausbau neuer Stromtrassen im Zuge der Energiewende. Um Strom von Offshore-Windparks im Norden nach Süddeutschland zu bringen, entstehen vermehrt Hochspannungsleitungen – sowohl für Gleichstrom (DC) als auch für Wechselstrom (AC). Bisher ist nur wenig darüber bekannt, wie sich diese Stromarten – einzeln oder kombiniert – auf den menschlichen Körper auswirken.

„Die bisherigen Untersuchungen deuten darauf hin, dass alle Menschen auf elektrische Felder reagieren können – nicht nur sogenannte Elektrosensible“, erklärt Warmbold. In den Tests zeigte sich zum Beispiel, dass rund 40 Prozent der Teilnehmenden bereits die niedrigste getestete Feldkombination wahrnehmen konnten – also eine Kombination aus 2 Kilovolt pro Meter Gleichstrom und 4 Kilovolt pro Meter Wechselstrom. Diese Werte entsprechen durchaus den realen Belastungen, wie sie bei Hochspannungsleitungen in Bodennähe auftreten können. „Es ist also nicht ungewöhnlich, wenn man beim Spaziergang unter einer Stromtrasse ein Kribbeln auf der Haut spürt“, so Warmbold.

Die Studien untersuchen derzeit, welche Belastungen für die Allgemeinbevölkerung als „zumutbar“ gelten. Nach den bisherigen Tests mit Teilnehmenden aus der Allgemeinbevölkerung richtet sich die nächste Studienphase gezielt an Menschen, die sich selbst als elektrosensibel bezeichnen. Doch hier setzt Warmbold deutliche Kritik an – sowohl am Studiendesign als auch an den Rahmenbedingungen.

„Es gibt sehr unterschiedliche Gruppen von Betroffenen: Manche reagieren nur auf Funkwellen, andere auf Stromleitungen, wieder andere auf beides. Einige spüren vor allem elektrische Felder, andere magnetische – oder beides. Diese Unterschiede werden in der Studie aber nicht berücksichtigt“, kritisiert er. Zudem habe die RWTH vorab keine Informationen über die elektromagnetische Belastung im Labor bereitgestellt. „Ich selbst reagiere bereits auf Werte ab 1 Mikrowatt pro Quadratmeter. Im Labor waren es bis zu 250 – ich bekam sofort Symptome, ohne dass der Test begonnen hatte.“

Ein weiteres Problem sieht Warmbold in der Art der Tests: „Viele Symptome treten mit Zeitverzögerung auf – zum Beispiel Schlafprobleme, Herzrasen, Kopfschmerzen oder Konzentrationsstörungen. Im Test dauert die Exposition aber nur 15 Sekunden, danach gibt es 5 Sekunden zur Beurteilung. Das reicht einfach nicht aus, um fundierte Aussagen zu treffen.“ Er erklärt dies mit einem anschaulichen Vergleich: „Stellen Sie sich vor, Sie testen Menschen, die allergisch auf Nüsse reagieren, indem Sie ihnen im Sekundentakt verschiedene Kekse auf die Zunge legen – mal mit, mal ohne Nüsse. Dabei dauert es bei Allergikern oft 30 Minuten oder länger, bis überhaupt eine Reaktion auftritt.“ Solche Testbedingungen würden zu irreführenden Ergebnissen führen – und könnten bei stark Betroffenen sogar gefährlich sein.

Warum aber sollte sich die Gesellschaft intensiver mit Elektrosensibilität beschäftigen – gerade im Kontext der Energiewende? „Die großen Hochspannungsleitungen verlaufen meist durch dünn besiedelte Gebiete. Dort ist das Thema tatsächlich weniger präsent. Doch überall dort, wo Strom in der Nähe von Menschen fließt – zum Beispiel durch neue Ortsnetztrafos, Elektroautos oder digitale Kommunikation – steigt die Belastung“, erklärt Warmbold. Der menschliche Körper arbeite mit sehr feinen elektrischen Impulsen. Eine Überlagerung durch äußere Felder könne zu Störungen führen.

„Die Beschwerden, die Betroffene äußern, reichen von Schlafstörungen und Tinnitus über Herzklopfen und Erschöpfung bis hin zu neurologischen Ausfällen wie Wortfindungs- oder Konzentrationsstörungen“, zählt er auf. Viele dieser Symptome nehmen auch in den allgemeinen Gesundheitsstatistiken zu – doch ein möglicher Zusammenhang mit elektromagnetischen Feldern werde kaum untersucht.

Für die Zukunft wünscht sich Warmbold konkrete Schritte – sowohl in der Wissenschaft als auch in der Politik. „Wir brauchen Forschung, die mit den Betroffenen gemeinsam gestaltet wird – nicht über sie hinweg. Und wir brauchen echte Schutzzonen: Orte, an denen besonders empfindliche Menschen leben oder sich erholen können.“ Im Emsland und in der Grafschaft Bentheim gebe es bereits viele Gespräche und auch Projektideen. „Der Bedarf ist bekannt – an der Umsetzung hakt es noch. Aber wir bleiben dran“, sagt er.

Abschließend betont Warmbold die Bedeutung von Medien wie regionalupdate.de: „Für unseren Verein ist es enorm wichtig, dass unsere Arbeit öffentlich wahrgenommen wird. Ich freue mich sehr über das Interesse und würde mich freuen, wenn wir künftig regelmäßig über Fortschritte berichten können.“

👉 Weitere Infos gibt es unter gesund-vernetzt.de
👉 Aktuelle Studienergebnisse: RWTH Aachen – femu

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