Viele Erwachsene leben mit ADHS – oft ohne es zu wissen. Die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) wird häufig mit zappeligen Kindern assoziiert. Dabei bleibt die Störung bei Erwachsenen, insbesondere bei Frauen, häufig unerkannt oder wird falsch verstanden. Die Psychologin Julia Rathjen arbeitet mit genau diesen Fällen – leistungsfähigen, überlasteten Menschen, die unter der Oberfläche kämpfen.
Irrtum 1: ADHS sieht bei jedem gleich aus
„Während ADHS bei Jungen oft durch Impulsivität und Bewegungsdrang auffällt, zeigen Mädchen und Frauen eher Unaufmerksamkeit, inneren Stress und emotionale Überforderung“, erklärt Julia Rathjen. Dieses stille ADHS wird leicht übersehen – oder als Burnout, Depression oder Angststörung fehlgedeutet.
Irrtum 2: Wer im Job funktioniert, kann kein ADHS haben
Viele Betroffene sind beruflich erfolgreich – sie haben Strategien entwickelt, sich zu organisieren oder ihre Schwächen zu kompensieren. Doch hinter der Fassade herrscht oft Chaos, Erschöpfung oder das Gefühl, nie richtig „anzukommen“. ADHS bei Erwachsenen bedeutet nicht zwingend berufliches Scheitern – aber häufig inneren Druck und Selbstzweifel.
Irrtum 3: Eine Diagnose reicht – dann wird alles gut
„Ein Etikett bringt noch keine Lösung“, betont Rathjen. Wichtig ist, individuell passende Unterstützung zu finden – sei es durch Coaching, Medikamente oder den gezielten Aufbau neuer Routinen. Entscheidend ist ein ganzheitlicher Blick: Was braucht der Mensch wirklich – nicht nur auf dem Papier?