Gießen – Die Vermietung von Hotelzimmern an die Stadt zur Unterbringung unbegleiteter minderjähriger Geflüchteter stellt keine Verletzung eines Hotelpachtvertrags dar. Das entschied das Oberlandesgericht Frankfurt am Main mit Urteil vom 21. Februar 2025 (Az. 2 U 63/24) und stellte damit klar: Auch soziale Zwecke sind im Rahmen eines Hotelbetriebs zulässig, solange keine grundlegende Nutzungsänderung vorliegt.
Stadt mietet Zimmer für minderjährige Geflüchtete
Im Zentrum des Rechtsstreits stand ein Hotelbetrieb in Gießen, den eine Pächterin seit 2016 auf Grundlage eines Pachtvertrags mit der Eigentümerin betrieb. Dieser Vertrag sah ausdrücklich eine Nutzung „ausschließlich als Hotelbetrieb“ vor. Als das Jugendamt der Stadt Gießen im Herbst 2022 begann, regelmäßig Zimmer für die Unterbringung geflüchteter Jugendlicher anzumieten, reagierte die Verpächterin mit einer Abmahnung – später mit einer fristlosen Kündigung und Klage auf Räumung.
Kein Verstoß gegen den Nutzungszweck
Das Landgericht gab der Klage zunächst statt. In der Berufung jedoch entschied der 2. Zivilsenat des OLG Frankfurt anders: Die Nutzung der Zimmer durch die Stadt stelle keine unerlaubte Überlassung an Dritte dar. Die Kommune habe keine umfassende Kontrolle über den Hotelbetrieb übernommen, sondern lediglich Zimmer befristet gemietet – ein Vorgehen, das im Rahmen eines klassischen Hotelbetriebs üblich sei.
Keine Pflichtverletzung durch Gästestruktur
Auch die Tatsache, dass es sich bei den untergebrachten Personen um unbegleitete Minderjährige handelte, sei laut Gericht nicht relevant. Solange keine konkrete Beeinträchtigung oder Substanzveränderung des Hotelbetriebs vorliege, dürfe die Verpächterin nicht vorschreiben, welche Gäste aufgenommen werden dürfen und welche nicht.
Ein Nutzungswandel sei nur dann gegeben, wenn der gesamte Charakter des Betriebs verändert werde – etwa durch bauliche Umgestaltungen oder die dauerhafte Aufgabe des Hotelservices. Dies sei hier nicht der Fall gewesen.
Fazit: Klarheit bei Vertragsgestaltung gefordert
Das Urteil macht deutlich, wie wichtig präzise Formulierungen in gewerblichen Miet- und Pachtverträgen sind. Allgemeine Begriffe wie „Hotelbetrieb“ bieten Raum für Interpretationen – vor allem in Zeiten, in denen soziale Verantwortung von Unternehmen und Betreibern erwartet wird.
Wer Nutzungsarten klar begrenzen will, sollte dies vertraglich konkretisieren. Denn wie das Urteil zeigt: Auch kommunale Anmietungen für soziale Zwecke sind im Rahmen eines Hotelbetriebs rechtlich zulässig, solange keine gravierende Nutzungsänderung nachweisbar ist.