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Mozart im Club

Mozart im Club: Wie Sinfonia Leipzig die Oper entstaubt – Ein Gespräch mit Orchester-Managerin Julia Nagel

Kann klassische Musik in einem Club-Setting bestehen? Die Orchestermanagerin Julia Nagel und ihr Projekt „Oper im Club“ von Sinfonia Leipzig sagen: Ja! Sie wollen die Grenzen zwischen Klassik und Clubkultur einreißen und zeigen, dass sich Musikliebhaber aller Genres auf Augenhöhe begegnen können. Im Interview gibt Julia Nagel Einblicke in die Entstehung dieser ungewöhnlichen Idee, die Herausforderungen und ihre Vision für die Zukunft genreübergreifender Kulturformate.

Die Grundidee: Klassik dort, wo man sie nicht erwartet

„Die Grundidee von Sinfonia Leipzig ist es, klassische Musik da zu spielen, wo man sie nicht erwartet“, erklärt Julia Nagel. Sie ist selbst freischaffende Musikerin (Posaune) und hat das Orchester gegründet, um zu zeigen, wie bunt und talentiert die freie Szene ist. Das Ziel war es von Anfang an, einen Raum zu schaffen, in dem freischaffende Musikerinnen und Musiker auf hohem Niveau, aber ohne Vorurteile und verstaubte „-ismen“ Musik machen können.

So war die Entscheidung für eine Club-Location naheliegend: „Wir waren überzeugt, dass man dort Leute treffen kann, die Musik lieben, aber noch nicht wissen, dass Klassik genauso cool ist wie jedes andere Genre auch.“

Oper für alle: Ein Erlebnis für Augen und Ohren

Das Publikum erwartet bei „Oper im Club“ ein Format, das bewusst mit Konventionen bricht. Musikalisch steht Mozart im Mittelpunkt, aber ohne die „langweiligen Passagen“. Stattdessen wird die Handlung so aufbereitet, dass sie für alle verständlich ist. Das Orchester und die Solistinnen und Solisten sind dabei nicht auf einer erhöhten Bühne, sondern befinden sich im gleichen Raum wie das Publikum. Ein Sprecher führt durch den Abend und macht die Geschichte von Mozarts „Don Giovanni“ greifbar. Es ist Oper, klassisch und doch ganz anders.

Die Verbindung von Oper und Clubkultur ist für Julia Nagel mehr als nur ein Gimmick. Sie sieht es als Brücke zwischen zwei oft getrennten Welten: „Klassik sitzt in einer elitären Nische und scheint sich dort oft zu wohl zu fühlen. Clubkultur wiederum spricht quasi eine gegenteilige Bevölkerungsgruppe an. Wir finden, die Menschen sollten sich begegnen und austauschen – denn nur so findet man Gemeinsamkeiten und vor allem zueinander.“

Herausforderungen und Zukunftspläne

Die größte Herausforderung bei der Umsetzung des Projekts war, wie bei vielen Projekten aus der freien Szene, die Finanzierung. Das Orga-Team von Sinfonia Leipzig ist sehr klein und das Budget begrenzt. Besonders die Werbung, die bei einem solchen Event sehr weit gestreut sein muss, ist kostspielig. Julia Nagel und ihr Team müssen hier stets abwägen, wie viel Geld in Marketing fließen kann, damit die Musikerinnen und Musiker für ihre Arbeit noch fair bezahlt werden können.

Mit ihrem Format zielen sie auf zwei Zielgruppen ab: „Menschen, die nicht wissen, dass sie Klassik mögen, sowie Menschen, die nicht wissen, dass sie sich im Club wohlfühlen können.“ Zunächst begegnen beide Seiten dem Projekt mit Skepsis, aber auch mit einer gesunden Portion Aufregung, die Welt des jeweils anderen kennenzulernen.

Das Projekt soll kein einmaliges Experiment bleiben. „Wir denken direkt natürlich an Fortsetzungen“, sagt Julia Nagel. Idealerweise soll es ein- bis zweimal pro Jahr stattfinden und sich als regelmäßige Veranstaltung etablieren.

Eine Vision für genreübergreifende Musik

Ihr persönlicher Wunsch für die Zukunft von genreübergreifenden Kulturformaten geht über die reine Vermischung hinaus: „Ich wünsche mir, dass die Musik sie selbst sein darf.“ Sie betont, dass genreübergreifend nicht immer Popmusik mit Orchesterbegleitung sein muss, sondern es auch einfach mal Rock und Klassik am selben Abend geben kann. „Festivals, bei denen Orchester und Bands auftreten, aber alle zeigen, was sie machen, können und vor allem lieben.“ Diese Vision von einem echten, vorbehaltlosen Austausch macht deutlich, dass es Julia Nagel und Sinfonia Leipzig nicht nur um ein Projekt, sondern um einen echten Paradigmenwechsel in der Kulturlandschaft geht.

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