Lingen. Inhaftierte in Niedersachsen sind deutlich häufiger von HIV und Hepatitis C betroffen als die Allgemeinbevölkerung. Um dem entgegenzuwirken, hat der Landesverband Sexuelle Gesundheit Niedersachsen am Freitag einen Fachtag in Lingen veranstaltet. Ziel war es, erfolgreiche Modelle der Gesundheitsförderung in Justizvollzugsanstalten vorzustellen und zu diskutieren.
Emsland-Modell als Vorbild
Die Aidshilfe in Lingen gilt bundesweit als Vorreiterin: Ihre Programme zur Aufklärung und Prävention in Haft wurden bereits mehrfach ausgezeichnet. Nun möchte der Landesverband dieses Konzept auf ganz Niedersachsen ausweiten. Unterstützung wird dabei von Vertreter*innen der Justiz, des Gesundheitswesens und der Verbände signalisiert. Auch Inhaftierte beteiligten sich aktiv am Austausch.
Höhere Infektionsraten in Haft
Laut aktuellen Studien ist das HI-Virus in Gefängnissen etwa zehnmal so stark verbreitet wie außerhalb. Auch Hepatitis C tritt dort deutlich häufiger auf. „Sex und Drogengebrauch gehören zur Realität auch in niedersächsischen Gefängnissen“, sagte Christin Engelbrecht, Geschäftsführerin des Landesverbands. „Deshalb ist es unsere Aufgabe, für mehr Aufklärung und Information zu sorgen – sowohl bei den Inhaftierten als auch beim Personal.“
Forderung nach besserer Versorgung
Engelbrecht fordert unter anderem anonyme Zugänge zu Kondomen, ein erweitertes Angebot an Substitutionstherapien und sterile Spritzen. Wichtig seien auch regelmäßige Beratungen und Informationsangebote, da die Haft gute Voraussetzungen für gezielte Präventionsarbeit biete.
Besonders betont wurde der Zugang zu zeitgemäßen medizinischen Behandlungen. Moderne HIV-Therapien senken die Viruslast unter die Nachweisgrenze und machen eine Übertragung unmöglich. Hepatitis C lässt sich vollständig heilen. Engelbrecht mahnt: „Menschen in Haft haben das Recht auf eine ebenso gute medizinische Versorgung wie alle anderen auch.“
Bedeutung für die Region
Mit dem in Lingen erprobten Modell leistet das Emsland einen wichtigen Beitrag zur Gesundheitsversorgung in Haft. Die Diskussion über mehr Aufklärung und Versorgung wird auch in anderen Justizvollzugsanstalten des Landes an Bedeutung gewinnen – und könnte langfristig das Infektionsgeschehen deutlich senken.