Hannover – Zum Jahrestag der Novemberpogrome von 1938 gedenkt der Niedersächsische Landtag am 8. November 2024 der Opfer und mahnt zur Verantwortung. Vor Beginn der Plenarsitzung wird im Plenarsaal eine Gedenkstunde abgehalten, bei der der Holocaust-Überlebende Dr. Leon Weintraub, der selbst den Schrecken der nationalsozialistischen Verfolgung entkam, zu den Abgeordneten, zur Landesregierung sowie zu geladenen Gästen sprechen wird.
Dr. Weintraub, der 1926 im polnischen Łódź geboren wurde, teilt als Zeitzeuge seine Erlebnisse und Botschaft: Mit seiner Geschichte, die von unvorstellbarem Leid, aber auch von Widerstandskraft geprägt ist, erinnert er daran, dass die Gräueltaten des Nationalsozialismus nie in Vergessenheit geraten dürfen. Zusammen mit seiner Mutter und vier Schwestern wurde er zunächst in das Ghetto Litzmannstadt gebracht und später ins Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau deportiert. Nach der Trennung von seiner Familie und Aufenthalten in weiteren Konzentrationslagern gelang ihm Anfang 1945 die Flucht. Später studierte er Medizin in Göttingen und praktizierte als Arzt, bevor er 1969 nach Schweden emigrierte. Heute tritt er regelmäßig als Zeitzeuge auf und nutzt die Gedenkstunde im Landtag, um auf die Gefahren von Antisemitismus hinzuweisen.
Eine der letzten Stimmen der Erinnerung
„Leon Weintraub ist eine der letzten Stimmen der Vielen, die im nationalsozialistischen Deutschland unsagbares Leid ertragen mussten. Jemandem wie ihm zuhören zu dürfen, erfüllt mit großer Demut,“ betonte Landtagspräsidentin Hanna Naber. Sie rief eindringlich dazu auf, sich gegen den zunehmenden Antisemitismus zu stellen: „Als Demokratinnen und Demokraten sind wir alle gefordert, uns entschieden gegen Antisemitismus zu stellen, damit Menschen jüdischen Glaubens sicher und frei in unserer Mitte leben können. Wenn wir das ‚Nie wieder‘ ernst nehmen, dann ist jetzt die Zeit zu handeln.“ Naber unterstützt die Kampagne des Antisemitismusbeauftragten von Niedersachsen, die am 7. November 2024 im Rahmen einer Pressekonferenz vorgestellt wird und gezielt darauf abzielt, das Bewusstsein in der Bevölkerung zu schärfen und aktiv gegen antisemitische Tendenzen vorzugehen.
Gedenkstunde als Zeichen der Verantwortung
Die Gedenkstunde wird neben den Mitgliedern des Landtags und der Landesregierung auch zahlreiche Vertreterinnen jüdischer Gemeinden, Schülergruppen und Polizeianwärterinnen versammeln. Die Einladung junger Menschen und angehender Polizeibeamter unterstreicht die Wichtigkeit, die Erinnerung an die Geschichte lebendig zu halten und sie in die Verantwortung der zukünftigen Generationen zu legen.
Die Veranstaltung findet von 9:00 bis 10:00 Uhr statt, und im Anschluss wird der Landtag seine Plenarsitzung beginnen. Die Einbeziehung verschiedener Gruppen verdeutlicht, dass Erinnerung und Wachsamkeit gegen Diskriminierung nicht allein Aufgabe der Politik sind, sondern eine gemeinsame Verantwortung aller Bürger*innen.
Mit Dr. Weintraubs Erzählungen, seinen eindrücklichen Erfahrungen und der bewegenden Gedenkansprache setzt Niedersachsen ein starkes Zeichen für Menschlichkeit und gegen Hass.
Quelle: Niedersächsischer Landtag, Pressemitteilung vom 1. November 2024.
Symbolfoto: