Berlin. Eine deutliche Mehrheit der Bevölkerung unterstützt die Einführung eines strukturierten Ersteinschätzungsverfahrens in deutschen Notaufnahmen. Das zeigt eine aktuelle Forsa-Umfrage im Auftrag des AOK-Bundesverbands. Demnach befürworten 78 Prozent der Befragten eine Dringlichkeitseinschätzung bei Notfallpatienten – ein klarer Rückhalt für die geplante Reform der Notfallversorgung durch das Bundesgesundheitsministerium.
Gesundheitsministerin Nina Warken hatte angekündigt, den Entwurf zur Notfallreform Anfang November vorzulegen. Dieser befindet sich laut Medienberichten bereits in der Ressortabstimmung. Ziel ist es, Patientinnen und Patienten künftig zielgerichteter und bedarfsgerechter in die richtige Versorgungsebene zu leiten.
Akzeptanz für Steuerung – vor allem bei jüngeren Patienten
Die Erhebung zeigt auch: Rund 40 Prozent der Befragten haben in den vergangenen fünf Jahren eine Notaufnahme aufgesucht. Dabei wurde der Besuch in zwei Dritteln der Fälle selbst initiiert – nur 20 Prozent erfolgten auf Empfehlung Dritter und lediglich 20 Prozent nach ärztlicher Überweisung. Etwa 60 Prozent dieser Fälle wurden ambulant behandelt. Besonders bei jüngeren Menschen (18–29 Jahre) war die stationäre Aufnahmequote gering – nur 16 Prozent im Vergleich zu 44 Prozent bei über 60-Jährigen.
Dr. Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbands, betont: „Die Ergebnisse belegen ein hohes Potenzial zur Ambulantisierung – gerade bei jüngeren Altersgruppen. Es braucht eine bessere Lenkung von Notfällen an die passende Versorgungsebene.“
Wie Integrierte Notfallzentren die Versorgung effizienter gestalten könnten – erfahren Sie nach dem Seitenumbruch.
Integrierte Notfallzentren und Akutleitstellen gefordert
Die AOK spricht sich in ihren Reformvorschlägen für die Einrichtung sogenannter Integrierter Notfallzentren (INZ) aus. Diese sollen gemeinschaftlich von Krankenhäusern und Kassenärztlichen Vereinigungen betrieben und technisch mit Rettungsleitstellen verknüpft werden. Ergänzend dazu schlägt die AOK die Schaffung von Akutleitstellen bei den Kassenärztlichen Vereinigungen vor, erreichbar unter der Nummer 116 117 oder online. Dort soll eine standardisierte Ersteinschätzung erfolgen, um Patientinnen und Patienten gezielt weiterzuleiten.
Eine zusätzliche Erkenntnis der Umfrage: Hätten Betroffene in der Vergangenheit die Möglichkeit gehabt, binnen zwei Tagen einen Facharzttermin zu bekommen, hätten 16 Prozent den Besuch der Notaufnahme vermieden.