Köln. Die katholische Kirche hat in Nordrhein-Westfalen in mehreren Fällen außergewöhnlich hohe Entschädigungszahlungen an Opfer sexualisierter Gewalt geleistet. Wie eine gemeinsame Recherche von WDR und Kölner Stadt-Anzeiger ergab, wurden in mindestens sieben Fällen Summen von über 300.000 Euro gezahlt, wobei die jüngste Zahlung erst im November erfolgt ist. Diese Entschädigung katholische Kirche stellt einen signifikanten Schritt im Umgang mit den Folgen sexualisierter Gewalt dar.
Hohe Entschädigungen für Missbrauchsopfer
Ein prominentes Beispiel ist der Fall von Melanie F., die als Kind in den 80er Jahren im Erzbistum Köln über viele Jahre von einem Geistlichen sexuell missbraucht wurde. Der Priester, der sie als Pflegekind bei sich aufnahm, hatte dafür die Genehmigung des damaligen Erzbischofs. Aufgrund der Verjährung hat Melanie F. keine strafrechtlichen Schritte gegen den mutmaßlichen Täter eingeleitet, sondern klagte zivilrechtlich gegen die katholische Kirche, da sie nicht ausreichend geschützt wurde.
Im Juli 2023 wies das Landgericht Köln die Klage ab, da der Gerichtshof den Missbrauch als persönliches Fehlverhalten des Priesters wertete. Melanie F. stellte jedoch gleichzeitig einen Antrag auf Entschädigung und erhielt von der Kirche freiwillig 360.000 Euro. Dies gilt als die zweithöchste Summe, die in einem Bistum in Nordrhein-Westfalen bisher bezahlt wurde. Im Vergleich dazu erhielt ein weiterer Fall in Münster 370.000 Euro und andere Bistümer zahlten jeweils bereits 300.000 oder 320.000 Euro.
Ein beunruhigender Aspekt dabei ist, dass seit 2011 mehr als 3.000 Anträge auf Entschädigung bei der katholischen Kirche eingegangen sind, wobei die meisten Betroffenen Summen unter 20.000 Euro erhielten.
Kritische Stimmen zu den Entschädigungsprozessen
Professor Thomas Schüller, ein Kirchenrechtsexperte, kritisierte im WDR-Interview die Entscheidungen des Landgerichts Köln. Er bemängelte, dass die Kirche aus ihrer Verantwortung entlassen werde, wenn ein Priester im Rahmen seines Amtes handelt. Schüller formulierte scharf:
„Das Landgericht Köln hat sich bei diesem zivilrechtlichen Verfahren bis auf die Knochen blamiert, weil es ja versucht hat, theologisch zu urteilen, ob ein Priester privat oder dienstlich handeln kann. Das ist ein Skandalurteil in Köln.“
Seiner Meinung nach nutzte der Priester sein Amt, um Vertrauen zu schaffen, von dem er dann auch beim Missbrauch profitierte.
Kerstin Claus, die seit 2022 die unabhängige Beauftragte der Bundesregierung für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs ist, hob hervor, dass solche hohen Entschädigungszahlungen wichtig sind, da viele Betroffene oft armutsbetroffen seien und ihre biografischen Erfahrungen stark von den erlittenen Misshandlungen geprägt seien. Sie betonte:
„Die Evangelische Kirche hinkt um Jahre der katholischen Kirche hinterher und für Betroffene ist das tatsächlich desaströs, weil sie in Teilen schon seit vielen Jahren versuchen, Anerkennung und angemessene Entschädigung zu bekommen.“
Welche Bedeutung das für die Region hat, zeigt der folgende Abschnitt.
Im Kontext der NRW-Justiz und der katholischen Kirche bleibt die Thematik der Entschädigung ein zentrales und hochsensibles Thema. Die hohen Zahlungen können als positiver Fortschritt in der Anerkennung des Leids der Betroffenen gewertet werden. Für die Bürgerinnen und Bürger in Nordrhein-Westfalen ist die Aufarbeitung von Missbrauchsfällen und die damit verbundenen Entschädigungszahlungen der katholischen Kirche von großer Bedeutung. Durch die Schaffung eines strukturierten Verfahrens bietet die Kirche eine Mindestmaß an Kompensation, die in anderen Institutionen oft noch fehlt.
Geplant sind weiterhin Gespräche, um die Entschädigungsprozesse transparenter zu gestalten und die vorherrschenden Fragen der Gerechtigkeit für Missbrauchsopfer zu klären. Die Entschädigung katholische Kirche könnte so auch Impulsgeber für Reformen in anderen religiösen und sozialen Institutionen sein, die ähnliche Herausforderungen bewältigen müssen.